dasdarfdochwohlnichtwahrsein

Der alltägliche Wahnsinn…alleinerziehend mit zwei Jungs. Mein Leben fühlt sich meistens an wie ein 5.000-Teile-Puzzle – niemals fertig, ich bin glücklich, wenn ich wieder ein Teil aus dem Rand finde, manchmal kurz davor alles hinzuschmeissen, von unten gegen den Tisch zu treten und doch der Faszination des Großen und Ganzen erlegen… Ich liebe die Beiden. Und ich liebe mein Leben. Und ich liebe unser Lebenspuzzle.


2 Kommentare

Was Corona mit mir macht…

…nein, ich bin nicht krank. Aber – wie so viele – seit 13.3. im Ausnahmezustand. Ich kann mich deshalb so gut an das Datum erinnern, weil an diesem Freitag mein Vater bei uns war und für mich ein Hochbett gebaut hat. Und ich an diesem Tag den Großen von der Schule zuhause gelassen habe, weil er unbedingt dabei sein und mithelfen wollte. Und wir nebenbei der Pressekonferenz des Ministerpräsidenten gelauscht haben.

Schulen zu bis 20.4. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch keiner ahnen, was das alles für uns bedeuten, mit uns machen würde.

Nach aufgeregten Nachrichten in der Schul-Whats-App-Gruppe des Kleinen, habe ich ihn um 13 Uhr mit einer großen Tasche abgeholt, die Lehrerin hat in aller Eile sämtliche Schulsachen der Kinder zusammengepackt und einen Stapel Arbeitsblätter kopiert.

Über das Wochenende wurde natürlich viel spekuliert, Telefone, Whats-App-Gruppen liefen heiß und ab Montag wurden wir dann ziemlich holprig in unsere neue Realität geschubst.

Mein Chef hat mich am Donnerstag noch für hysterisch und meine Sorgen für übertrieben erklärt, mir dann am Sonntag eine Nachricht geschrieben, dass ich dann wohl doch recht gehabt hätte mit den Schulschließungen und ich ja zum Glück erstmal meinen großen Berg Überstunden abbauen könne, Homeoffice komme (obwohl sehr gut möglich) nicht in Frage.

Beim Großen war zuerst Chaos. Jeder Lehrer hat, eine andere Lernplattform nutzend, Aufgaben geschickt, Rücksendetermine vergeben, ohne zu wissen, was die anderen tun, ohne sich untereinander abzustimmen etc.

Außerdem sind 7-Klässler auf so eine Situation weder EDV-technisch, noch lebenspraktisch einfach nicht vorbereitet. Wir haben also als erstes eine Excel-Tabelle angelegt, in die wir sämtliche eingehende Aufgaben eingetragen haben, mit Abgabedaten versehen haben, damit er jederzeit wusste, was zu priorisieren ist.

Dann haben wir ausgemacht, wie Emails an Lehrer geschrieben werden, also mit welcher Anrede, in ganzen Sätzen, mit einer ordentlichen Betreffzeile etc., haben einen USB-Stick angelegt, auf den er sämtliche Aufgaben, richtig beschriftet abgespeichert hat, für den Fall, dass doch mal was verschwindet oder er etwas noch einmal braucht, haben seinen Arbeitsplatz aufgeräumt, die Email-Ordner strukturiert usw.

Also quasi einen Grundkurs im Thema „Büro-Organisation“. Und ständig die Frage in meinem Kopf: Was machen nur die Kinder, die womöglich nicht die technischen Möglichkeiten haben? Bei denen sich die Eltern vielleicht nicht so einbringen können oder wollen? Die arbeiten gehen müssen? Von den Lehrern ist die ganze Zeit über ein ziemlicher Druck ausgegangen, da wurde, zum Teil auch nicht immer ganz angemessen, nachgefragt, wo denn jetzt die Aufgaben blieben etc.
Die Kochlehrerin hat in einer Lehrerin praktische Aufgaben gestellt, wie „Servietten-Falten und Fotos machen“, „Pfannkuchen backen und Fotos machen“, „Gläsersorten raussuchen und Fotos machen und in eine Liste eintragen“ usw. Das war direkt stressig.

Zeitgleich war da natürlich auch noch die Grundschule des Kleinen. Da gab es ab Mittwoch auf der Homepage pro Klasse mit Passwort abrufbare Lerninhalte von den jeweiligen Lehrern zusammengestellt, übersichtlich, aber insgesamt trotzdem ganz schon aufwändig. Alleine wäre es für die Kleinen definitiv nicht zu stemmen gewesen. Ich musste aus den Unterlagen immer die richtigen Sachen für den Tag raussuchen, mit ihm zusammen, den Vortag korrigieren, ihm die jeweilige Aufgabenstellung erklären und, um den Überblick zu behalten, alles ordentlich sortieren und abheften. Es muss ja auch ein Schulleben nach Corona geben und die Lehrerin irgendwie wissen, was und wie gemacht wurde.
Für meinen Kleinen ist die eins zu eins Situation zum Lernen ideal. Es ist trotzdem kein Tag vergangen, an dem wir uns nicht in die Haare bekommen haben. Nach ungefähr siebeneinhalb Minuten hat er bemängelt, dass ich ihm noch keine Pause zugestanden habe, obwohl er schon komplett erschöpft wäre…und so hat sich das halt hingezogen.
Es ist also definitiv Schwerstarbeit – für uns beide. In der dritten Woche haben wir dann auch noch das Malrechnen eingeführt und auch da habe ich mich, genau wie beim Großen, gefragt: Was um Himmels willen, machen Kinder, die das alles ohne Eltern meistern müssen? Und wie soll das hinterher weitergehen? Da gibt es dann die Kinder, die gut vorangekommen sind, deren Eltern sie durch diese Zeit begleitet, sie gestützt und gefordert haben und die Kinder, die womöglich mit großen Defiziten, sorgenvoll und gestresst zurück zur Schule kommen? Soll das gerecht sein? Ganz, ganz schwierige Situation…

Die dritte Woche war schon deutlich geprägt von abfallender Motivation. Das viele Zuhausesein, nicht die Freunde treffen, das Aufeinandersitzen, das Zuhause-Lernen wurde doch schwieriger. Obwohl meine Jungs es ganz toll gemeistert haben.

Vielleicht muss ich mir auch selber zur Abwechslung mal ein bisschen auf die Schulter klopfen, aber ich habe es in dieser Zeit für ganz wichtig gehalten, eine gewisse Disziplin aufrecht zu erhalten.
Ich habe die Kinder nicht bis in die Puppen aufbleiben lassen, sie sind immer einigermaßen pünktlich ins Bett, wir sind meist gegen halb acht aufgestanden, haben geduscht, uns angezogen, in Ruhe gefrühstückt und uns dann an die schulischen Aufgaben gemacht.
Ich habe im Freundeskreis auch ganz andere Beispiele, die ihre Kinder haben laufen lassen, abends lange aufbleiben, nachts zocken…ich halte da einfach nix davon, wie gesagt, ich hab auch Kritik für meine „Art“ geerntet, bin aber super damit gefahren. Die Jungs waren ausgeglichen, ausgeruht, entspannt, der Tag hatte eine Struktur, einen Ablauf, war berechenbar und damit anscheinend genau richtig.
Natürlich durften sie im Schnitt auch mehr Computerspielen als normal, der Kleine wollte fast jeden Tag in Ruhe baden, wir haben zusammen gekocht, waren jeden Tag ausführlichst mit Ball, Fahrrad, Roller, Skateboard draußen und so waren die Tage immer ausgefüllt und schnell rum.

Dann die Ferien. Wir haben ausgemacht: Ferien sind Ferien. Keine Diskussion. Egal, wie es danach weitergehen würde. Lange aufbleiben, Lange schlafen. Zocken. Spielen. Filme anschauen. Rausgehen.
In der ersten Woche war dann auch noch mein Geburtstag, das Wetter war super, alles ganz easy. Die zweite Woche war dann doch wesentlich schwieriger. Vieles langweiliger, weil natürlich komplett anders, als sonst in den Ferien. Kein Schwimmbad, keine Ausflüge, kein Bergwandern, keine Freunde treffen, abends draußen bleiben bis es dunkel wird….eine schwere Zeit. Und so war es immer wieder an mir, mich selbst zu regulieren. Mit meiner Angst umzugehen. Mit meinen Sorgen. Und immer wieder die Kinder aufzufangen, da wo sie eben gerade waren. Der Kleine wollte plötzlich abends zum Einschlafen immer beten. Also eher Gespräche mit Gott führen. Die ich ein bisschen moderieren sollte. Daraus konnte (und kann) ich seine Ängste rausfiltern, seine Sorgen, die Themen, die ihn gerade beschäftigen. Eine wundervolle Art, um uns am Ende des Tages nahe zu kommen.
Beim Großen war es viel schwieriger. Er leidet ja ein wenig an körperlichen Tics. Je aufgeregter er ist, je anstrengender eine Situation für ihn ist, desto stärker wird das. Und so haben wir viel „gekämpft“ in den letzten Tagen. Ich sehe, dass es ihm nicht gut geht. Er kann es nicht so richtig in Worte packen. Ich muss ihm das richtige Ventil geben. Das muss ich aber auch richtig aussuchen, das ist nicht immer gleich. Mal ist es exzessive Bewegung, mal ist es ihn zum Reden zu nötigen, mal muss er Musik hören, für sich alleine sein….
Er kämpft gerade sehr mit seinem Papa, hat offene und eher versteckte Konflikte, muss lernen, damit umzugehen, die Wut auszuhalten oder aber auch direkt darüber zu reden, er lernt seinen Vater vielleicht auch von einer Seite kennen, die er nicht so toll, nicht so bewundernswert findet, auch damit muss er sich auseinandersetzen.

Und ich selber? Fühle mich oft mit der Gesamtsituation überfordert. Da ist eine Krankheit, die so abstrakt, so weit weg zu sein scheint und mich doch, als sogenannte „Risikopatientin“ ganz direkt betrifft und mir eine Heidenangst macht. Die ersten Wochen hätte ich mich mit den Kindern am liebsten komplett zuhause eingesperrt und wäre gar nicht mehr rausgegangen.
Trotzdem bin auch ich, genau wie die Kinder, das ständige Zusammensein nicht gewohnt. Natürlich gehen wir uns auf den Wecker. Jeder hat ganz eigene Bedürfnisse. Und die müssen wir gegenseitig respektieren und achten. Und das ist weiß Gott nicht immer ganz leicht.  Auch dafür mussten wir erstmal Regeln aufstellen, das Ganze überhaupt formulieren.
Und meine „normalen“ Alltagsprobleme gehen ja nicht einfach weg. Nach wie vor ist nicht geklärt, wie es beruflich weitergehen soll. Nach den Überstunden, feiere ich jetzt meinen Urlaub ab. Was für ein Schmarrn! Es wird ja auch noch Pfingst- und Sommerferien geben….
Nach wie vor beschäftigt mich meine Unterhalts-Gerichts-Geschichte, auch wenn es tatsächlich so aussieht, als würden wir quasi in den letzten Zügen liegen, es ist eine unglaublich harte Zeit hinter mir, so viel Schmach, so viel Enttäuschung…
Es kommt immer wieder und wieder etwas Neues, und wenn es nur die Bremsen des Autos sind und deren Finanzierung, der abschließende Diagnoseprozess mit dem Kleinen usw. usw.

Und so hat mich die Nachricht in dieser Woche, dass die Schulen weiter geschlossen bleiben, von uns allen, glaube ich, am härtesten getroffen. Vor allem ohne wirkliche Aussicht, gerade für den Kleinen. Der Rektor der Grundschule hat zu mir gesagt, er hat nicht wirklich eine Ahnung, wie er die Hygiene-Konzepte realistisch umsetzen soll. Der Plan ist also, dass die Kinder vor den Sommerferien nochmal in die Schule gehen. Was auch immer das heißen soll. Verdammt, das sind noch mehr als drei Monate….

Also, ich muss mich weiter und vielleicht noch stärker regulieren, Luft zum Atmen finden, den Kindern in diesem ganzen Chaos nicht nur eine gute Mutter, sondern vor allem eine starke Begleitung, eine verlässliche Ansprechpartnerin sein.
Die Aufgaben erscheinen mir riesig, fast nicht zu schaffen…aber zweifeln oder gar verzweifeln ist nicht.

Wir kriegen das schon hin. Wir sind ein wundervolles Team. Eine tolle Familie. Was soll schon sein?