dasdarfdochwohlnichtwahrsein

Der alltägliche Wahnsinn…alleinerziehend mit zwei Jungs. Mein Leben fühlt sich meistens an wie ein 5.000-Teile-Puzzle – niemals fertig, ich bin glücklich, wenn ich wieder ein Teil aus dem Rand finde, manchmal kurz davor alles hinzuschmeissen, von unten gegen den Tisch zu treten und doch der Faszination des Großen und Ganzen erlegen… Ich liebe die Beiden. Und ich liebe mein Leben. Und ich liebe unser Lebenspuzzle.


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Erziehung

Heute habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, was es für mich bedeutet, zwei Jungs, die mitten in der Pubertät stecken, zu erziehen.

Natürlich davon ausgehend, dass die Beiden auf ihre Art jeweils sehr speziell sind (der Große mit GdB 50 und ausgeprägtem AD(H)S, der Kleine mit GdB 60 und Autismus) und ich auch nur in deren Leben involviert bin. Mir ist klar, dass jede Familien- und Lebenssituation unterschiedlich ist und natürlich auch die Kinder und Eltern, die drin stecken.

Gerade jetzt in diesem Alter (mit 17 und 12) bedeutet Erziehung für mich vor allem: Aushalten. Aushalten, dass es laut ist (eigentlich zu jeder Zeit), Aushalten, dass es oft doll und übergriffig zugeht. Aushalten, dass scheinbar falsche Entscheidungen getroffen werden und Aushalten, wenn ich die Konsequenzen mit ihnen zu tragen und sie zu begleiten habe.

Das klingt sehr negativ, aber gerade beim Großen bin ich gar nicht mehr in einer richtigen Erziehungsrolle. Für mich passt am Besten das Bild des jungen Adlers, der am Rande des Horstes steht, klar ist, er ist jetzt groß und stark genug alleine zu Fliegen, er weiß alles, was er wissen muss, kann alles, was er können muss – er soll sich nur noch trauen, seine Flügel zu öffnen – und fliegen…

Er fängt an, wichtige Entscheidungen selbst zu treffen, sein Leben mehr und mehr zu organisieren, Verantwortung zu übernehmen und seinen Platz zu finden. Dass das nicht immer reibungslos funktioniert, er mit Hochs und Tiefs zu kämpfen hat, manchmal lieber wieder ein Baby sein möchte und sich selbst immer wieder in Frage stellt – ganz normal. Dass ich immer an seiner Seite bin, manchmal nur berate, sehr selten regulierend eingreife, für Gespräch zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung stehe – das ist selbstverständlich und richtig für mich. Und dabei bin ich hin- und hergerissen zwischen dem unglaublichen Stolz auf ihn, auf alles, was er schon geschafft hat, wie klug und empathisch und schön er ist und der Sorge um seine Zukunft und meiner Angst, ihn als Kind zu verlieren.

Beim Kleinen ist die Verantwortung noch viel weit reichender. Und ganz klar: Autismus im Kombination mit der Pubertät ist ein Arschloch… ein Leben – ausschließlich nach dem Lustprinzip – dass aber gleichzeitig nach sehr starren Regeln und Organisation verlangt – da steckt so viel Konfliktpotential drin! Alles, was ich möchte (oder die Schule, oder die LehrerInnen, oder die Schulbegleiterin oder der Papa…), das aber nicht in seinen „Das-macht-mir-Spaß“-Bereich passt, muss ich mit hundertmaligem Meckern durchsetzen. So meckere ich regelmäßig dreckiges Geschirr in die Spülmaschine, die Zahnbürste in seinen Mund, die Seife an seinen Körper oder die Lateinvokabeln in seinen Kopf. Und das von 6:15 bis 22:00, Tag für Tag, Woche für Woche.


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Berlin

Eigene leidvolle Erfahrungen mit meinem behinderten Kind, haben mich dazu gebracht – jetzt, wo ich endlich wieder freie Zeit-Ressourcen habe – mich im letzten Jahr wieder nach einer Ehrenamtlichkeit im Bereich Pflege (Interessenvertretung und Selbsthilfe) umzusehen.

Ich habe einen Verein gefunden, der mir gleich die Möglichkeit gegeben hat, Verantwortung zu übernehmen. Dieser Verein hat einen Bundesverband und ist gerade im Aufbau von Landesvereinen in allen Bundesländern.

Es war also schnell klar, dass ich federführend beim Aufbau eines bayerischen Landesvereins tätig sein kann und wurde im September dann noch in den Vorstand des Bundesverbandes gewählt.

Meine anfängliche Unsicherheit weicht langsam einer angenehmen Wohligkeit. Die Verbindung zu meiner Arbeit ist unglaublich und ich kann an den Themen, die mir etwas bedeuten, privat und beruflich arbeiten.

Nachdem der Sitz des Bundesverbandes in Berlin ist, habe ich nun immer wieder die Gelegenheit für ein paar Tage in der Hauptstadt zu sein. Und das liebe ich wirklich. Auch wenn mich Bahnfahren an sich wirklich stresst, bin ich gerne in Hotels, streife gerne (alleine) durch fremde Städte, liebe die Geräusche, die Gerüche, die Menschen, die Architektur… Natürlich habe ich im Rahmen von Tagungen wenig Zeit dafür, kann mir aber immer wieder kleine Freiheiten abzwacken.

Genauso, wie ich mich dann auch wieder freue, morgen nach Hause zu fahren. Zuhause bedeutet für mich Sicherheit, Ruhe und (gewohnte) Ordnung, weshalb Reisen -egal, wie lange sie dauern- sind immer mit Stress verbunden.

An Berlin liebe ich die Diversität, das wirkliche Großstadtflair, die Selbstverständlichkeit, mit der die Berliner mit ihrer Stadt und dem politischen Geschehen umgehen. Hier dreht sich niemand um, wenn die schwarzen Limousinen im Corso durch die Straßen hetzen, während der kleinstädtische Tourist sofort Herzklopfen bekommt und sich ausmalt, wer da wohl drin sitzt..

Und nun darf ich die letzten „freien“ Momente genießen und vielleicht, aber nur ganz vielleicht, werde ich nachher noch meine Jungs anrufen…


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Die Zeit vergeht wie im Flug

Fast vier Jahre sind vergangen, seit ich den letzten Eintrag geschrieben habe…vier Jahre in denen unglaublich viel passiert ist, die wirklich wichtig waren für meine eigene Weiterentwicklung, meine Familie und unser Leben.

Die aber auch geprägt waren von bedenklichen gesellschaftlichen Entwicklungen, von Kriegen und Leid in der Welt.

Ich muss versuchen, meine Gedanken für diesen Blog ein wenig zu sortieren, nicht einfach drauf los zu schreiben, sonst wird´s ein Chaos.

Vielleicht ganz zum Anfang: warum bin ich wieder da?

Ich habe das Schreiben vermisst. Wie sehr, ist mir erst in den letzten Tagen so richtig bewusst geworden. Ich habe alle möglichen Hobbies ausprobiert, habe versucht zu malen, Sport zu machen (hahaha), zu Stricken und, und, und. Aber tatsächlich erfüllt mich nichts so sehr, wie das Schreiben. Und bevor ich meine Gedanken zuhause auf Klebezettelchen oder in einzelnen Notizbüchern festhalte, macht es doch einfach mehr Sinn, sie hier sortiert und flexibel zu sammeln.

Also, hier bin ich wieder!

Die vier Jahre haben natürlich deutliche Spuren hinterlassen. Bemerken tue ich das täglich an meinen beiden riesigen Kindern.

Mein Großer ist inzwischen 17 Jahre alt, hat die Realschule erfolgreich hinter sich gebracht und sich auf den Weg gemacht, Abitur zu machen um Soziale Arbeit studieren zu können. Er hat einen Moped-Führerschein und ein unsägliches, kleines, uraltes, rosa Moped, mit dem er die Gegend unsicher macht. Wir konnten für sein ADHS inzwischen einen Schwerbehindertengrad erwirken, einfach, damit er in der Schule und später im Studium leichter argumentieren und „beweisen“ kann.

Der „Kleine“ ist 12 Jahre alt, geht in die 6. Klasse des Gymnasiums, zusammen mit seiner Schulbegleitung. Der Autismus selbst schwankt in der Intensität, die aufkommende Pubertät macht das Leben nicht gerade einfacher (seins und meins!). Er ist wahnsinnig schlau, beschäftigt sich aber nach wie vor am Liebesten mit seinen ganz speziellen Lebensthemen, die sich in der Regel nicht mit der Schule überschneiden. Das heißt konkret, er lernt nicht, Hausaufgaben sind schwierig und momentan können wir das noch über seinen brillanten Verstand „abfedern“…er kommt also irgendwie durch. Wie lange das noch auf diese Art funktionieren kann, bleibt tatsächlich abzuwarten.

Seit Februar 2023 bin ich tatsächlich auch geschieden, getrennt haben wir uns ja schon im Januar 2017, das dazwischen liegende Drama war aber einfach riesig und schien schier unüberwindbar. Alleine die Unterhaltsansprüche mussten letztendlich vor Gericht ausgefochten werden, da ist – entgegen unserer eigentlichen Absprache – wahnsinnig viel böses Blut geflossen und ich möchte die Zeit auf garkeinen Fall zurückdrehen. Inzwischen sind die Dinge soweit geregelt, dass ich nach wie vor eine Beistandschaft beim Jugendamt für die Jungs habe, die Unterhaltserhöhungen oder ausbleibende Zahlungen anmahnt, der Umgang läuft ganz gut und so soll es auch bleiben.

Auch bei mir persönlich hat sich in den letzten Jahren sehr viel verändert. Schon in der Corona-Zeit habe ich mit meiner beruflichen Situation gehadert, das jahrelange Führen eines Handwerksbüros hat mich einfach nicht erfüllt. Die Vorteile, die mir diese Arbeit jahrelang gebracht haben – zeitliche Flexibilität, Verständnis meines Chefs mit drei eigenen Kindern, eine einfache, nicht wirklich fordernde Arbeit – war irgendwann einfach nicht mehr relevant. Ich wollte mich verändern, wollte endlich beruflich tun, was ich am Besten kann und liebe.

Also habe ich von 2022 bis 2023 das Berufsanerkennungsjahr meiner Ausbildung zur Erzieherin abgeleistet. Das ging nicht ohne Komplikationen und einer Sondergenehmigung, die Ausbildung und deren Abschluss liegen immerhin schon 10 Jahre hinter mir. Eigentlich muss man das Anerkennungsjahr innerhalb der nächsten drei Jahre machen…

Aber auch diese Hürde konnte ich überspringen und habe eine wundervolle Arbeitsstelle für dieses eine Jahr gefunden: eine heilpädagogische Tagesstätte für schwer- und schwer/mehrfach behinderte Kinder, Jugendliche und Junge Erwachsene. Ich bin bei den ganz Gr0ßen zwischen 16 und 21 Jahren gelandet und hatte ein wirklich tolles und anstrengendes Jahr, das so viel wichtiger für mich war, als ich tatsächlich angenommen hatte.

Gerade meine eigenen, so leidvollen Erfahrungen mit meinem kleineren Sohn, haben mich nun schlussendlich in eine Beratungsstelle für Menschen mit Behinderungen und sonstigen Einschränkungen und natürlich für die Eltern mit Kindern, die von einer Behinderung betroffen sind, gebracht. Hier bin ich inzwischen Teamleitung von sechs BeraterInnen und wir können tagtäglich die Welt ein bisschen besser machen.

Mann habe ich keinen an meiner Seite, die Erfahrungen rund um meine Trennung haben mir erst einmal gereicht, ich habe einen sehr guten Freund und natürlich auch einige andere FreundInnen, das ist für den Augenblick genug. Nicht, dass ich nicht offen wäre, aber meine Sehnsucht nach einer Partnerschaft kommt erst weit hinter meinem Wunsch nach Ruhe, einem guten und vertrauensvollen Miteinander mit meinen Kindern und der Verwirklichung meiner beruflichen Ziele. Wahrscheinlich hätte ein Mann in diesem täglichen Tohuwabohu einfach keinen Platz….

In all dem Trubel bin ich nach wie vor auf der Suche nach mir selbst, genieße diesen Weg aber einfach, habe mir da keine Ziele gesetzt, sondern nutze meine freie Zeit zum Reden, Sinnieren und immer mehr auch für spirituelle Ideen.

Jetzt freue ich mich einfach, dass ich diese Seite wieder entdeckt habe und bin gespannt, was ich alles so zu schreiben habe!

Bleibt neugierig – ich bin es auch…

A.


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Was Corona mit mir macht…

…nein, ich bin nicht krank. Aber – wie so viele – seit 13.3. im Ausnahmezustand. Ich kann mich deshalb so gut an das Datum erinnern, weil an diesem Freitag mein Vater bei uns war und für mich ein Hochbett gebaut hat. Und ich an diesem Tag den Großen von der Schule zuhause gelassen habe, weil er unbedingt dabei sein und mithelfen wollte. Und wir nebenbei der Pressekonferenz des Ministerpräsidenten gelauscht haben.

Schulen zu bis 20.4. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch keiner ahnen, was das alles für uns bedeuten, mit uns machen würde.

Nach aufgeregten Nachrichten in der Schul-Whats-App-Gruppe des Kleinen, habe ich ihn um 13 Uhr mit einer großen Tasche abgeholt, die Lehrerin hat in aller Eile sämtliche Schulsachen der Kinder zusammengepackt und einen Stapel Arbeitsblätter kopiert.

Über das Wochenende wurde natürlich viel spekuliert, Telefone, Whats-App-Gruppen liefen heiß und ab Montag wurden wir dann ziemlich holprig in unsere neue Realität geschubst.

Mein Chef hat mich am Donnerstag noch für hysterisch und meine Sorgen für übertrieben erklärt, mir dann am Sonntag eine Nachricht geschrieben, dass ich dann wohl doch recht gehabt hätte mit den Schulschließungen und ich ja zum Glück erstmal meinen großen Berg Überstunden abbauen könne, Homeoffice komme (obwohl sehr gut möglich) nicht in Frage.

Beim Großen war zuerst Chaos. Jeder Lehrer hat, eine andere Lernplattform nutzend, Aufgaben geschickt, Rücksendetermine vergeben, ohne zu wissen, was die anderen tun, ohne sich untereinander abzustimmen etc.

Außerdem sind 7-Klässler auf so eine Situation weder EDV-technisch, noch lebenspraktisch einfach nicht vorbereitet. Wir haben also als erstes eine Excel-Tabelle angelegt, in die wir sämtliche eingehende Aufgaben eingetragen haben, mit Abgabedaten versehen haben, damit er jederzeit wusste, was zu priorisieren ist.

Dann haben wir ausgemacht, wie Emails an Lehrer geschrieben werden, also mit welcher Anrede, in ganzen Sätzen, mit einer ordentlichen Betreffzeile etc., haben einen USB-Stick angelegt, auf den er sämtliche Aufgaben, richtig beschriftet abgespeichert hat, für den Fall, dass doch mal was verschwindet oder er etwas noch einmal braucht, haben seinen Arbeitsplatz aufgeräumt, die Email-Ordner strukturiert usw.

Also quasi einen Grundkurs im Thema „Büro-Organisation“. Und ständig die Frage in meinem Kopf: Was machen nur die Kinder, die womöglich nicht die technischen Möglichkeiten haben? Bei denen sich die Eltern vielleicht nicht so einbringen können oder wollen? Die arbeiten gehen müssen? Von den Lehrern ist die ganze Zeit über ein ziemlicher Druck ausgegangen, da wurde, zum Teil auch nicht immer ganz angemessen, nachgefragt, wo denn jetzt die Aufgaben blieben etc.
Die Kochlehrerin hat in einer Lehrerin praktische Aufgaben gestellt, wie „Servietten-Falten und Fotos machen“, „Pfannkuchen backen und Fotos machen“, „Gläsersorten raussuchen und Fotos machen und in eine Liste eintragen“ usw. Das war direkt stressig.

Zeitgleich war da natürlich auch noch die Grundschule des Kleinen. Da gab es ab Mittwoch auf der Homepage pro Klasse mit Passwort abrufbare Lerninhalte von den jeweiligen Lehrern zusammengestellt, übersichtlich, aber insgesamt trotzdem ganz schon aufwändig. Alleine wäre es für die Kleinen definitiv nicht zu stemmen gewesen. Ich musste aus den Unterlagen immer die richtigen Sachen für den Tag raussuchen, mit ihm zusammen, den Vortag korrigieren, ihm die jeweilige Aufgabenstellung erklären und, um den Überblick zu behalten, alles ordentlich sortieren und abheften. Es muss ja auch ein Schulleben nach Corona geben und die Lehrerin irgendwie wissen, was und wie gemacht wurde.
Für meinen Kleinen ist die eins zu eins Situation zum Lernen ideal. Es ist trotzdem kein Tag vergangen, an dem wir uns nicht in die Haare bekommen haben. Nach ungefähr siebeneinhalb Minuten hat er bemängelt, dass ich ihm noch keine Pause zugestanden habe, obwohl er schon komplett erschöpft wäre…und so hat sich das halt hingezogen.
Es ist also definitiv Schwerstarbeit – für uns beide. In der dritten Woche haben wir dann auch noch das Malrechnen eingeführt und auch da habe ich mich, genau wie beim Großen, gefragt: Was um Himmels willen, machen Kinder, die das alles ohne Eltern meistern müssen? Und wie soll das hinterher weitergehen? Da gibt es dann die Kinder, die gut vorangekommen sind, deren Eltern sie durch diese Zeit begleitet, sie gestützt und gefordert haben und die Kinder, die womöglich mit großen Defiziten, sorgenvoll und gestresst zurück zur Schule kommen? Soll das gerecht sein? Ganz, ganz schwierige Situation…

Die dritte Woche war schon deutlich geprägt von abfallender Motivation. Das viele Zuhausesein, nicht die Freunde treffen, das Aufeinandersitzen, das Zuhause-Lernen wurde doch schwieriger. Obwohl meine Jungs es ganz toll gemeistert haben.

Vielleicht muss ich mir auch selber zur Abwechslung mal ein bisschen auf die Schulter klopfen, aber ich habe es in dieser Zeit für ganz wichtig gehalten, eine gewisse Disziplin aufrecht zu erhalten.
Ich habe die Kinder nicht bis in die Puppen aufbleiben lassen, sie sind immer einigermaßen pünktlich ins Bett, wir sind meist gegen halb acht aufgestanden, haben geduscht, uns angezogen, in Ruhe gefrühstückt und uns dann an die schulischen Aufgaben gemacht.
Ich habe im Freundeskreis auch ganz andere Beispiele, die ihre Kinder haben laufen lassen, abends lange aufbleiben, nachts zocken…ich halte da einfach nix davon, wie gesagt, ich hab auch Kritik für meine „Art“ geerntet, bin aber super damit gefahren. Die Jungs waren ausgeglichen, ausgeruht, entspannt, der Tag hatte eine Struktur, einen Ablauf, war berechenbar und damit anscheinend genau richtig.
Natürlich durften sie im Schnitt auch mehr Computerspielen als normal, der Kleine wollte fast jeden Tag in Ruhe baden, wir haben zusammen gekocht, waren jeden Tag ausführlichst mit Ball, Fahrrad, Roller, Skateboard draußen und so waren die Tage immer ausgefüllt und schnell rum.

Dann die Ferien. Wir haben ausgemacht: Ferien sind Ferien. Keine Diskussion. Egal, wie es danach weitergehen würde. Lange aufbleiben, Lange schlafen. Zocken. Spielen. Filme anschauen. Rausgehen.
In der ersten Woche war dann auch noch mein Geburtstag, das Wetter war super, alles ganz easy. Die zweite Woche war dann doch wesentlich schwieriger. Vieles langweiliger, weil natürlich komplett anders, als sonst in den Ferien. Kein Schwimmbad, keine Ausflüge, kein Bergwandern, keine Freunde treffen, abends draußen bleiben bis es dunkel wird….eine schwere Zeit. Und so war es immer wieder an mir, mich selbst zu regulieren. Mit meiner Angst umzugehen. Mit meinen Sorgen. Und immer wieder die Kinder aufzufangen, da wo sie eben gerade waren. Der Kleine wollte plötzlich abends zum Einschlafen immer beten. Also eher Gespräche mit Gott führen. Die ich ein bisschen moderieren sollte. Daraus konnte (und kann) ich seine Ängste rausfiltern, seine Sorgen, die Themen, die ihn gerade beschäftigen. Eine wundervolle Art, um uns am Ende des Tages nahe zu kommen.
Beim Großen war es viel schwieriger. Er leidet ja ein wenig an körperlichen Tics. Je aufgeregter er ist, je anstrengender eine Situation für ihn ist, desto stärker wird das. Und so haben wir viel „gekämpft“ in den letzten Tagen. Ich sehe, dass es ihm nicht gut geht. Er kann es nicht so richtig in Worte packen. Ich muss ihm das richtige Ventil geben. Das muss ich aber auch richtig aussuchen, das ist nicht immer gleich. Mal ist es exzessive Bewegung, mal ist es ihn zum Reden zu nötigen, mal muss er Musik hören, für sich alleine sein….
Er kämpft gerade sehr mit seinem Papa, hat offene und eher versteckte Konflikte, muss lernen, damit umzugehen, die Wut auszuhalten oder aber auch direkt darüber zu reden, er lernt seinen Vater vielleicht auch von einer Seite kennen, die er nicht so toll, nicht so bewundernswert findet, auch damit muss er sich auseinandersetzen.

Und ich selber? Fühle mich oft mit der Gesamtsituation überfordert. Da ist eine Krankheit, die so abstrakt, so weit weg zu sein scheint und mich doch, als sogenannte „Risikopatientin“ ganz direkt betrifft und mir eine Heidenangst macht. Die ersten Wochen hätte ich mich mit den Kindern am liebsten komplett zuhause eingesperrt und wäre gar nicht mehr rausgegangen.
Trotzdem bin auch ich, genau wie die Kinder, das ständige Zusammensein nicht gewohnt. Natürlich gehen wir uns auf den Wecker. Jeder hat ganz eigene Bedürfnisse. Und die müssen wir gegenseitig respektieren und achten. Und das ist weiß Gott nicht immer ganz leicht.  Auch dafür mussten wir erstmal Regeln aufstellen, das Ganze überhaupt formulieren.
Und meine „normalen“ Alltagsprobleme gehen ja nicht einfach weg. Nach wie vor ist nicht geklärt, wie es beruflich weitergehen soll. Nach den Überstunden, feiere ich jetzt meinen Urlaub ab. Was für ein Schmarrn! Es wird ja auch noch Pfingst- und Sommerferien geben….
Nach wie vor beschäftigt mich meine Unterhalts-Gerichts-Geschichte, auch wenn es tatsächlich so aussieht, als würden wir quasi in den letzten Zügen liegen, es ist eine unglaublich harte Zeit hinter mir, so viel Schmach, so viel Enttäuschung…
Es kommt immer wieder und wieder etwas Neues, und wenn es nur die Bremsen des Autos sind und deren Finanzierung, der abschließende Diagnoseprozess mit dem Kleinen usw. usw.

Und so hat mich die Nachricht in dieser Woche, dass die Schulen weiter geschlossen bleiben, von uns allen, glaube ich, am härtesten getroffen. Vor allem ohne wirkliche Aussicht, gerade für den Kleinen. Der Rektor der Grundschule hat zu mir gesagt, er hat nicht wirklich eine Ahnung, wie er die Hygiene-Konzepte realistisch umsetzen soll. Der Plan ist also, dass die Kinder vor den Sommerferien nochmal in die Schule gehen. Was auch immer das heißen soll. Verdammt, das sind noch mehr als drei Monate….

Also, ich muss mich weiter und vielleicht noch stärker regulieren, Luft zum Atmen finden, den Kindern in diesem ganzen Chaos nicht nur eine gute Mutter, sondern vor allem eine starke Begleitung, eine verlässliche Ansprechpartnerin sein.
Die Aufgaben erscheinen mir riesig, fast nicht zu schaffen…aber zweifeln oder gar verzweifeln ist nicht.

Wir kriegen das schon hin. Wir sind ein wundervolles Team. Eine tolle Familie. Was soll schon sein?


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Thema 2: Der Kleine

Mein Kleiner. Mein Sorgenkind. Mein Hase.
Inzwischen auch schon acht Jahre alt. Und genauso wie sein großer Bruder, sicher kein Kleiner.
Und ein besonders Hübscher.

Inzwischen geht er in die 2. Klasse.
Und als wäre es gestern, kann ich mich erinnern, dass eigentlich mit dem ersten Schultag alles erst richtig angefangen hat. Ich will nicht Stress sagen. Das würde ihm und der Situation nicht gerecht werden.
Er wusste jedenfalls nach kürzester Zeit, dass er „da“ nicht mehr hingehen wollte, weil es langweilig ist.

Gleichzeitig kämpften wir noch immer mit seiner „eosinophilen Ösophagitis“, einer chronisch entzündeten Speiseröhre, deren Ursache seit 2016 mit Hilfe diverser Ausschlussdiäten und anschließender Magenspiegelung, gesucht wird. Bisher erfolglos. Alles, was wir wissen ist, dass es eine Lebensmittelallergie sein soll.
Das bedeutet, dass er gerade am Anfang in der Schule sehr zu kämpfen hatte, da keiner nachvollziehen konnte, wie es ist, wenn er manchmal 30 bis 40mal täglich anverdautes Essen im Mund hatte und es ausspucken musste (man nennt dieses „Hochwürgen“ von Essen ruminieren). Es hat mehrere Gespräche mit der Lehrerin und der Schulleitung gedauert, bis er ohne Fragen, ohne „Klo-Kette“ oder ohne die Biotonne vor allen anderen Schülern zu benutzen, einfach zur Toilette gehen und ausspucken durfte. Ein schwerer Start.

Ziemlich schnell kam die Lehrerin dann auf mich zu, weil ihm eben so sehr langweilig war. Ob noch niemand vom Kindergarten mich darauf angesprochen hätte?
Nicht wirklich. Also machte ich mich auf den Weg. Ich wollte so wenig Krankenhaus-Arzt-Umgebung für ihn, wie möglich.

Im Kinderzentrum waren wir dreimal, so richtig, richtig wohlgefühlt haben wir uns nicht, aber der Psychologe, der den Kleinen untersuchte, sollte eine Koryphäe, die allerdings eine Woche später in Rente ging, auf diesen Gebieten sein.
Jedenfalls hatten wir nach einigen Wochen das Resultat, er ist hochbegabt in mehreren Bereichen, hat ein verzögertes Arbeitstempo, hat Schwierigkeiten mit der Selbstorganisation etc.
Das Thema Autismus Spektrum Störung wollte der Psychologe nicht vertiefen, da er den Kleinen nicht weiter stigmatisieren wollte. So nach dem Motto: das Vorliegende wäre ja schon alles schlimm genug.

Und damit hat man uns dann allein gelassen.
Zum Glück hat man uns im November 2018 in der Kinderklinik nach 2-tägigem Aufenthalt mit Magensonde und allem Drum und Dran erst mal für ein Jahr entlassen, er sollte halt eine sehr hohe Dosis der Magensäureblocker nehmen und wir sollten uns einen Therapeuten suchen (Logopäden, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten), der ihm das Ruminieren abgewöhnt.

Den vermeintlich weiteren Weg mussten wir in der Schule gehen. Die Lehrerin war furchtbar nett und aufgeschlossen, wollte gerne aktiv etwas für ihn tun, ihn mit zusätzlichem Material unterstützen, ihn fordern und mit Aufgaben aus der dritten Klasse weiterbringen.

Über das Jahr hinweg wurde das schwieriger und schwieriger. In einer ganz normalen Regelklasse mit mehr als zwanzig Erstklässlern, mit einigen sozial nicht so gut verträglichen Kindern, mit drei Kindern, die gar nicht deutsch sprechen, wie soll es möglich sein, jedes Einzelne genau nach seinen Bedürfnissen zu fördern?
Der Kleine ist keiner, der auffällig wird, wenn es ihm nicht gut geht. Ganz im Gegenteil, er verschließt sich immer mehr, wird ruhiger, geht in sich, wird immer weniger. Das tut so sehr weh, wenn man ihn so beobachtet.
Wirklich geholfen hat mir die örtliche Elterngruppe der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind. Es hat viele Telefonate und Wege gedauert, bis ich sie gefunden hatte, aber dort bekomme ich Rückhalt von anderen Eltern, die genauso ungewöhnliche Wege für ihre Kinder gehen, Kämpfe ausfechten müssen und die Bestätigung immer und immer wieder auf mein Herz zu hören.

Das ist eigentlich das Schwierigste. Mit all den Entscheidungen, die ich in dieser Zeit treffen musste, allein zu sein. Und das wird auch auf absehbare Zeit nicht leichter. Jede Untersuchung, jede Diagnostik, jeder Termin, jede Therapie muss ich mit mir abstimmen. Bin ich richtig? Ist der Weg noch richtig? Ist das wirklich angemessen? Ist das alles das Beste für den Kleinen?
Ich kann die Nächte, in denen ich wachgelegen bin, mir die Augen aus dem Kopf geweint habe vor lauter Sorgen, nicht mehr zählen.

Nun in der 2. Klasse ist gar nichts einfach geworden. Wir hängen zwischen Bauchweh, massiven Einschlafproblemen (begleitetes Einschlafen dauert zwischen ein und zwei Stunden) aber trotzdem der Lust am „Dazugehören“, am „Dabeisein“. Er ist gerne ein Teil der Klassengemeinschaft. Er ist tatsächlich ein beliebtes Kind. Einfach, weil er ist, wie er ist. Er hasst Auseinandersetzungen, Streit, Konflikte. Er schlägt nicht zurück. Also versucht er, so gut es mit seiner besonderen Art eben geht, sanft, besonnen, vernünftig zu schlichten, für Ruhe zu sorgen. Dass er oft einstecken muss, dass er niemals petzt und dann erst Stunden später zuhause (wenn überhaupt) zusammenbricht, vielfach nicht über das Erlebte sprechen kann, wir eine ganz besondere Art der Kommunikation entwickelt haben, ich glücklicherweise oft „spüre“, wenn was nicht in Ordnung ist und weiß, wie ich darauf reagieren kann, das weiß niemand.

Dann hat im Herbst 2019 der Kinderarzt die Reißleine gezogen. Gemeinsam mit meinem Hausarzt. Die jetzt schon gemeinsame Sache machen…
Der eine hat mich krank geschrieben, der andere einen Termin mit dem Medizinischen Dienst organisiert. Es sollte endlich sichtbar werden, was wirklich los ist. Ich sollte ein Pflegetagebuch führen. Nur über eine Woche. Und das hat fast mein Herz gebrochen. Normalerweise handelst Du als Mutter einfach. Klar stellst du Unterschiede bei deinen Kindern fest, rechtfertigst sie aber immer damit, dass ja nicht alle Kinder gleich sind. Mir ist nie bewusst gewesen, dass sich mein Kind mit sieben Jahren nicht alleine anziehen kann. Dass er, wenn ich nicht dabei bin, sein T-Shirt über den Schlafanzug zieht. Dass er nicht alleine Zähneputzen kann, wenn ich nicht dabei bin. Dass er einfach keine Zahnpasta benutzt oder gar nicht putzt. Dass er eigentlich nicht alleine isst oder trinkt. Dass ich ihn immer animieren muss, immer bei ihm sein muss. Er würde das Essen und Trinken einfach vergessen. Mir war nicht bewusst, dass ich ihn in der Früh bei allem begleiten muss, ihm wieder und wieder ansagen muss, welche Schritte zu tun, welche Dinge der Reihe nach anzuziehen, mitzunehmen, nicht zu vergessen sind. Ich habe nicht mehr bemerkt, dass ich ihn auf jede Veränderung im Tagesablauf meist schon Tage vorher vorbereiten muss, dass wir spontan nirgendwo hingehen können. Ich habe automatisch Strategien entwickelt. Ich habe gelernt, mit ihm umzugehen. Weiß Gott, nicht immer perfekt, aber so, dass es für uns drei gangbar war. Und das alles nicht, weil ich nicht weiterdenken wollte, weil ich die Augen verschließen wollte.
Ich glaube, ich hatte einfach keine Kraft. Ich habe einfach versucht, den Alltag so gut es geht zu meistern. Jeden Tag irgendwie zu schaffen. Da war kein Platz für noch mehr angstmachende Gedanken.
Die Dame vom Medizinschen Dienst war erstmal schroff, wie alle, die den Kleinen zuerst erleben. „Der hat mich doch nett begrüßt und mir in die Augen geschaut! Das kann doch gar kein Asperger sein!“ Hat sein Zeugnis gesehen. „Bemüht sich um eine gute Klassengemeinschaft! Ha!“ Dann hat sie mein Pflegetagebuch gelesen. Erst skeptisch, als wäre ich eine nach Anerkennung heischende Lügnerin. Dann wurde sie leiser und leiser.
Dann fragte sie nach einer Diagnose. Ich konnte nur sagen, dass es bislang lediglich die bestätigte Hochbegabung gäbe und einige gesundheitliche Einschränkungen. Dass ich mich aber endlich getraut hätte und bei einer renommierten Kinderpsychaterin Termine für eine komplette Diagnostik, die sich über Monate hinziehen würde, ausgemacht habe.
Daraufhin hat sie dem Kleinen Pflegegrad 1 gegeben mit dem Versprechen, sobald eine Diagnose vorliege, ihn mindestens in 3, wenn nicht sogar in 4 hochstufen. Ohne weitere Diskussionen. Ich hab nur noch geweint. Vor Erleichterung. Und weil die Erkenntnis einfach so hart war. Und traurig.

Über die Weihnachtsferien haben wir uns Zeit genommen. Wir drei. Der Große, der Kleine und ich. Haben einfach nur die Ruhe genossen. Und sind mit allem klar gekommen. Haben geredet. Und geschwiegen. Waren viel draußen und auf dem Sofa.
Ich habe viel verstanden in dieser Zeit. Was wichtig ist und was nicht. Und wie viel Hilfe ich wirklich brauche. Und vor allem in Zukunft brauchen werde.
Und so läuft hier unsere Diagnostik noch bis Anfang April und dann werden wir in aller Ruhe anfangen und Hilfe zu suchen. Passgenaue. Echte. Richtige. Und ich werde weiter kämpfen. Für mein Baby. Das kann ich nämlich. Manchmal muss man sich auf seine Kernkompetenzen zurückbesinnen.

Und dem Gefühl für das Kind vertrauen. Und den Faden nicht abreißen lassen. Er ist ein wunderbarer Junge. Und alles Engagement wird sich lohnen.

 


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Thema 1: Der Große

Mein Großer. Der nun nicht mehr nur im übertragenen Sinn der Große ist. Als „Erstgeborener“. Nein. Er ist schlappe 1,76m groß und damit nur noch wenige Zentimeter kleiner als ich. Er trägt 44er Schuhe und spielt damit längst in einer ganz anderen Liga als ich – nicht, dass ich diese Art von Sneakern jemals freiwillig tragen würde, aber seine Füße sind beeindruckend! In jeder Hinsicht.

Außerdem ist er jetzt ein Teenager. Es ist verdammte dreizehn Jahre her, dass ich ihn in die 50er Strampler gesteckt habe und er darin fast ertrunken ist, weil er so sehr klein und so sehr zart war. Mein Baby.

Und jetzt kriegt er einen Flaum auf der Oberlippe, ganz zu schweigen von der Körperbehaarung an anderen Stellen, für die er bis Weihnachten meinen (!) Rasierer benutzt hat! Ohne mein Wissen!

Natürlich ist es eine anstrengende Zeit. Manchmal fühlt es sich an, als würde er mich zwingen, mit ihm in den vordersten Wagen irgendeiner schrecklich gruseligen, super-modernen Achterbahn einzusteigen. Ich hasse Achterbahnen! Und so führen wir in einem Moment unglaublich vertraute, schöne, interessante, aufregende, spannende Gespräche, während wir in Wirklichkeit eigentlich schon wieder auf den nächsten emotionalen Abgrund zurasen und er alternativ weinend/Türen knallend/sein Leben scheiße findend/am liebsten dem Bruder eine runterhauen wollend/mich waaahnsinnig anstrengend findend, versucht, mit dem Gefühlschaos umzugehen. Und ich auch.

Und mit jedem Tag erinnere ich mich ein bisschen mehr an mein Erwachsenwerden. An die vielen, vielen Gefühle.

Und ich bin so unheimlich stolz auf ihn. Er ist in vielen Bereichen schon so reflektiert, denkt viel nach, überprüft sich selbst. Ist ein unglaublich empathischer, witziger, feinfühliger junger Mann und ich bin so sehr sicher, dass er – egal, wie das mit dieser vermaledeiten Schule auch weitergehen wird – seinen Weg finden wird.

Natürlich mache ich mir Sorgen. Gerade erst haben wir das Thema „schlechter Einfluss von schlechten Freunden“ einigermaßen erfolgreich (so hoffe ich doch) umschifft, fragt nicht, wie viele Stunden und graue Haare mich das gekostet hat. Wenn dein eigenes Kind plötzlich Berührung mit richtigen Drogen hat, dann kannst du wirklich an einem bestimmten Punkt nur noch reden, vertrauen, hoffen und beten.

Und dem Kind immer und immer wieder deine Hilfe, Liebe und Vertrauen anbieten. Das kostet unsagbar viel Kraft. Und ist auch wieder so ein Alleinerziehenden-Thema. Der Vater hat dabei eigentlich keine Rolle gespielt. Hat sich zwar meine Sorgen angehört, wollte dann ein Gespräch zu dritt führen, hat ihn dabei aber nur bedrängt und gefühlt in Ecke geschoben, einfach nicht gemerkt, was unser Sohn wirklich gebraucht hat. Nämlich tatsächlich das Gefühl, selbst entscheiden zu dürfen. Dass wir ihm zutrauen, dass er das schon kann und schafft. Das war für den Vater eigentlich nicht tragbar, also hat er sich, wie so oft, komplett rausgezogen. Mir die Verantwortung übergeben. Mich damit allein gelassen. Ich bin nicht arrogant genug zu behaupten, dass es nicht hätte schief gehen können, dass es mein Verdienst gewesen wäre, dass alles gut gegangen ist. Es war vielleicht eine große Portion Erziehung, alte Samen, die ich vor Jahren schon gepflanzt hatte, die jetzt endlich aufgegangen sind und Blüten tragen. Und Glück. Und Vernunft.

Oder Vertrauen. Ich bin, war und werde immer an seiner Seite sein. Und auch in Zukunft Gespräch um Gespräch mit ihm führen. So lange er mir sein Vertrauen schenkt und diese Gespräche mit mir führen will, werde ich für ihn da sein. Seine Sorgen mit ihm teilen. Genauso über Pickel auf der Nase, wie über Klamotten, Schulsorgen, Chaos im Leben, Ärger mit den Freunden, Angst um den kleinen Bruder, Streit mit dem Papa oder seine neueste Lieblingsmusik reden.

Natürlich werde ich ihn weiter nerven. Ein Teil der Familie zu sein. Seinen Beitrag zu leisten. Den Müll runter zu bringen, die Waschmaschine ein- und die Spülmaschine auszuräumen. Die verdammten Pfandflaschen aus seinem Zimmer rauszuholen und mir helfen, den Wochenendeinkauf hochzutragen. Ich werde ihn nicht so viel Computerspielen lassen, wie viele seiner Freunde das dürfen. Weiter dafür sorgen, dass er ordentlich isst, sich „gescheit“ anzieht und zweimal am Tag seine Zähne putzt.
Manchmal verdreht er die Augen. Manchmal sagt er nur: „M – A – M – A!“

Und sein WhatsApp-Status ist: „The most important thing in my life is my family!“

Und deshalb mein Sohn:

Breite Deine Flügel aus und fliege.
Sei ein Adler.
Lebe Deine Freiheit,
und lasse Dich nicht beirren von denen,
die Dich zähmen wollen.


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So viel Zeit…

…ist vergangen. Fast ein dreiviertel Jahre. Immer wieder hat mir das Schreiben gefehlt und doch habe ich es vor mir hergeschoben. Tatsächlich hat mich mein Leben gelebt. Es ist so unsäglich viel passiert, passiert immer noch.

Aber Schreiben war und ist immer schon meine Möglichkeit gewesen, mit allem umzugehen, mit den Dingen, die in meinem Leben passieren klar zu kommen, sie zu strukturieren, sie zu klären.

Und weil es mir tatsächlich um eine Gedanken-Struktur geht, will ich diese vielen Monate aufteilen. Thematisch. Wenn ich jetzt einfach anfange unkontrolliert wild drauf loszuschreiben, werde ich mich verzetteln, Dinge vergessen, Inhalte verlieren, klärende Gedanken auf der Strecke lassen.

Also Struktur!

Natürlich sind das Wichtigste die Kinder. Aber auch die haben sich so unglaublich entwickelt, dass ich beiden einen extra Eintrag widmen möchte. Das erscheint mir nur fair.

Also, Thema 1: Der Große, Thema 2: Der Kleine

Wichtig, weil sich unglaublich viel (nicht unbedingt zum Besten) getan hat: der Vater der Kinder. Mehr Platz bekommt er nicht mehr in meinem Leben. Aber hier eben auch Entwicklungen, also Thema 3: Der Vater der Jungs.

In letzter Zeit ein immer präsenteres Thema: meine Eltern. Beide inzwischen rund um die 70, mit mehr oder weniger auffälligen „Macken“, mit Problemen und mit meinen Fragen und Sorgen, mit denen ich so sehr alleine da stehe.

Also Thema 4: Mama und Papa

Thema 5 muss unbedingt meine eigene Entwicklung sein. Was ist bei mir selber passiert? Wie geht es mir? Was hat sich verändert? Auf welchem Weg bin ich? Ziele, Wünsche, Träume, Zukunft, Pläne?? Das wird vielleicht das Schwierigste, ich behaupte ja von mir selber, ein reflektierter Mensch zu sein, trotzdem ist es nicht immer einfach, da hinzuschauen, wo es weh tut. Was hat das „Alleinerziehend-sein“ für einen Menschen aus mir gemacht? Habe ich aus den (meinen) Fehlern der letzten Beziehung gelernt? Und Konsequenzen gezogen? Bin ich eine gute Mutter? Lebe ich so, wie ich es mir vorstelle? Da wird es echt ätzend und geht ans Eingemachte…mal sehen.

Thema 5 heißt also ganz lapidar: Ich

Entsprechend sollte das nächste und vielleicht schon letzte Thema auf diesem Weg eine Art Zusammenfassung, ein Blick in die Zukunft sein. Wie geht es weiter mit uns? Ja, das ist gut, das passt.

Thema 6: Wir und die Zukunft

So, bevor mir jetzt noch zehn weitere „Themenkomplexe“ einfallen, fange ich an. Es wird aller höchste Zeit. Es hat mir wirklich gefehlt. Leider gilt auch hier der Spruch: Je lauter mein Kopf, desto leiser werde ich. Schluss jetzt. Los geht’s.

Durcheinander…

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oder „Wieviel können Kopf und Herz einer Frau aushalten ohne zu explodieren?“…

Die Wochen vor den Sommerferien sind immer stressig. Da müssen nicht nur sechs Wochen Kinderbetreuung geplant und organisiert werden, nein, da fällt kurz vorher noch jedem Verein ein, er müsste noch schnell ein allerletztes Turnier veranstalten, der Kindergarten lädt zum alljährlichen Sommerfest, genau wie die Schule, wobei beim Kindergarten natürlich auch noch das ganze „Verabschiedungs-Zeug“ dazukommt, der Kleine kommt schließlich im September in die Schule. Aber da, wo es eine Verabschiedung gibt, gibt es erfahrungsgemäß auch eine Begrüßung! Und das bedeutet, dass die Schule nun also bereits die neuen Schülerchen einlädt zum „Schnuppertag“ und die Eltern zum ersten Elternabend und die Mittagsbetreuung natürlich genauso. Und dann sind da noch der halbjährliche Zahnarzttermin und das Zeltlager, zu dem noch schnell ein Nudelsalat gemacht werden muss, und die Anmeldung für das örtliche Ferienprogramm muss noch abgegeben werden, wobei das nicht so einfach ist, weil das ja vorher in aller Ruhe und Ausführlichkeit diskutiert werden muss – wer, was, wann machen soll/darf/kann. Und der Kleine muss Ende August wieder zur Magenspiegelung, das ist aber eigentlich Papas Ferienzeit, die Mama muss aber mit in die Tagesklinik und der Große soll eine feste Zahnspange kriegen, wir haben also noch zwei weitere Kiefer-orthopädietermine in der nächsten Woche mit reinzustopfen. Und der Kleine fährt Samstag mit der Oma nach Österreich, was ja grundsätzlich erst einmal nach einer Erleichterung klingt, dafür muss aber natürlich ein Koffer gepackt und vorher alles organisiert werden (von mir, logisch, oder?). Der Große darf dann am Donnerstag mit dem Zug „nachfahren“, was ebenfalls von mir verlangt, dass ich ihn in der Früh vor der Arbeit zum Hauptbahnhof fahre, im Zug ein nettes Plätzchen mit ihm suche, seine Nerven beruhige (welcher 11-Jährige darf schon alleine zwei Stunden mit dem Zug fahren?) und dann ruckifix weiter in die Arbeit…

Überhaupt die Kuchen die ich in den letzten Wochen gebacken und die Salate, die ich in den letzten Wochen für irgendwelche Sommerfeste, Turniere und sonstige Veranstaltungen gemacht habe, kann ich wahrscheinlich gar nicht an zwei Händen abzählen. Das kommt also zum üblichen Haushaltskram noch dazu. Und die ständig für irgendwelche Ausflüge benötigte Brotzeit. Hab ich ja irgendwie auch nicht einfach so ohne Weiteres greifbar. So eine Mutter bin ich einfach – leider – nicht.

Und die Kinder jubeln und freuen sich auf die Ferien und zählen die Tage bis zum Beginn rückwärts und ich hoffe, das alle meine Pläne aufgehen, dass ich alles gebacken kriege, dass alles klappt und grusel mich, wie in jedem Jahr, vor September. Wenn nämlich alles komplett neu sortiert werden muss. Die ganze Woche. Mit Stundenplänen, Musikunterricht, Fußball, Arbeit, Oma-Nachmittag…bis das steht kostet das jede Menge Kraft, Schweiß, Überredungs- und Organisationskunst. Noch dazu, wo eben der Kleine in die erste Klasse kommt. Das ist sozusagen die große „Unbekannte“…keine Ahnung, wie er die Hausaufgaben machen wird, wie ihm der Schulalltag schmecken wird und er das Lernen an sich finden wird. Das wird vermutlich mit der Lehrerin stehen und fallen und die werden wir erst am ersten Schultag kennenlernen…

Jedenfalls finden mich die Kinder schon ziemlich blöd und anstrengend. Weil ich ihrer großen Freude auf die Ferien nicht so richtig folgen kann. Weil ich immer noch so gestresst und so gar nicht gechillt bin.

Und ich meinerseits finde sie ziemlich blöd und anstrengend, weil ich eigentlich auch ganz gerne sechs Wochen Ferien und ihre unglaubliche Naivität und Gelassenheit hätte. Und mich sehr gerne an meine Zeit als Schülerin zurück erinnere, als mir die Sommerferien tatsächlich wie eine nicht enden wollende Freiheit, wie eine unfassbare Zeit des Glücks erschienen sind. In Wirklichkeit beneide ich sie. Und wünschte, ich könnte das mit ihnen teilen und zurück holen.

Hoffentlich haben sie schöne Ferien…


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Donnerstag

Donnerstag ist eigentlich mein liebster Tag in der Woche.

Zum einen ist es mein langer Arbeitstag, das heißt, ich bin bis 18:15 Uhr nicht für die Kinder zuständig. Dann erst hole ich den Kleinen vom Fußballtraining ab und damit beginnt für mich der Familien-Alltag.

Das ist schön. Manchmal muss ich gar nicht sooo lange arbeiten und drücke mich noch ein bisschen rum. Zum Beispiel im Einkaufszentrum. Oder ich gehe spazieren. Oder in aller Ruhe einkaufen…je nachdem.

Zum anderen ist der Donnerstag der letzte Arbeitstag in der Woche für mich, läutet also mein Wochenende ein. Und das ist natürlich herrlich. Überhaupt kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, am Freitag zu arbeiten. Auch, wenn ich am Freitag nur ein paar winzig kleine Stunden Zeit habe, nämlich genau zwischen acht und zwölf, bis ich den Kleinen aus dem Kindergarten abhole (der natürlich auch irgendwie von meinem freien Tag profitieren will…) – so ist es doch herrlich. Mal alleine zum Arzt gehen. Oder den Wochenendeinkauf machen. Oder in Ruhe bügeln – mit fernsehen. Oder die Buzze putzen. Ohne Gemecker ob meines Musikgeschmackes und jegliche Störung.

Also bin ich am Donnerstag in der Früh schon eigentlich immer ganz gut gelaunt.

Und an diesem Wochenende kommt dann auch noch kinderfreie Zeit dazu… krass.

Morgen Abend sind die beiden bis Sonntagnachmittag mit dem Papa unterwegs. Und ich überlege die ganze Zeit schon, was ich schon immer mal wieder machen wollte. Jetzt, wo ich ja mal wirklich wieder so ganz und echt und wirklich alleine bin. Das ist irgendwie wahnsinnig traurig. Und auch irgendwie schön. Auch der Gedanke, mal in aller Ruhe richtig traurige Musik zu hören und einfach nur zu heulen bis zum Abwinken… auch mal ganz in Ordnung. Vielleicht brauche ich das. Und im Anschluss kann ich die verheulten Augen ja pflegen. Mit einem Schläfchen. Und dann mit einer Falten-Tiefen-Entspannungs-Maske, oder so. Alles kann -nix muss. Komisch.

Aber jetzt ist ja zum Glück erstmal Donnerstag. Lieblingstag. Und ich hab Feierabend. Und noch drei Stunden Zeit…heute geh ich spazieren. Guter Plan. Und morgen ist morgen.

Liebeskummer

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Das auch noch.

Nein, es geht um keins der Kinder. Der nagende, fiese Schmerz hat sich fast unbemerkt von hinten angeschlichen und sich in mein Herz gebissen.

„So was kann mir doch nicht mehr passieren!!“

Tolle Worte einer ach so starken Frau.

Und jetzt ist er weg, der besondere Mann. Der, der mir in den letzten Monaten besonders viel Ärger gemacht hat. Der, der besonders wütend und anstrengend war. Der besonders viel von mir verlangt hat.

Dann macht es ja eh nix aus, wenn er weg ist. Tut ja gar nicht weh…

Aber er war halt auch besonders emotional. Besonders tief. Ganz besonders reif. Konnte mich ganz besonders gut spüren. Hat mir ganz besonders gut gefallen. Und mich besonders berührt. Und sich besonders in mein Herz eingenistet. Hat mich ganz besonders geküsst und angelächelt, mir tausendmal gesagt, wie besonders schön und wunderbar und liebenswert und aufregend ich bin.

Tut so sehr weh. Ich könnt die ganze Zeit heulen. Gut, dass ich so viel um die Ohren habe. Weinen ist nicht – Alltag steht auf dem Programm…und trotzdem bin ich so traurig.

Ganz besonders traurig…